Geht es um das richtige Öl für Kolbenmotoren in Flugzeugen, so gehen die Meinungen weit auseinander. Schaut man sich in Foren um, so wird über wenig so engagiert gestritten, wie um die Frage welches Motoröl „das Richtige“ oder „das Bessere“ ist. Grundsätzlich sollte man sich an die Herstellervorgaben zum jeweiligen Motor halten, denn der Hersteller ist im Zweifel derjenige, der „seinen Motor“ am besten kennt.
Aufgaben von Motoröl
Gleichwohl kann es sinnvoll sein, ein gewisses Grundverständnis zu haben, welches Öl welche Vor- und Nachteile bietet. Sinn und Zweck des Öls im Flugzeugmotor ist es für
- Schmierung,
- Kühlung,
- Reinigung,
- Dichtung,
- Korrosionsschutz und auch
- „Antrieb“ (z.B. Verstellung des Propellers oder auch unter Umständen hydraulische Stößel, z.B. in einigen Jabiru-Motoren)
zu sorgen.
Schmierung
Dass Öl zur Schmierung da ist, dürfte für jeden eine Binsenweisheit sein. Kaltes Öl ist grundsätzlich erst einmal dickflüssiger (und erzeugt daher oftmals erst einmal einen höheren Öldruck). Dies kann die Schmierleistung beeinträchtigen. Auch sind nicht alle Motorteile über den Öldruck geschmiert, sondern teils erfolgt eine drucklose Schmierung, z.B. an den Zylinderwänden/Kolben oder auch den Ventilen. Gerade in der kalten Jahreszeit muss dies berücksichtigt werden. Entweder bietet sich eine Motorvorwärmung bzw. die Nutzung eines jeweils angepassten Öles im Winter/Sommer an oder es kann so genanntes Mehrbereichsöl verwendet werden. Mehrbereichsöl bietet aber nicht nur Vorteile, worauf noch gesondert einzugehen ist.
Kühlung
Öl dient auch der Kühlung. Hitze aus dem Motor wird über das Öl abgeführt. Dabei ist auch Eine ausreichende Ölmenge ist dabei nicht nur für eine ununterbrochene Schmierung sondern eben auch für die Kühlung wichtig, denn die Menge des Öls in der Ölwanne wirkt sich auch auf die Kühlleistung aus.
Reinigung
Oftmals unterschätzt wird die Reinigungsfunktion des Öls. Es lässt sich nicht vermeiden, dass im Motor ein gewisser Abrieb entsteht und andere, kleinste Verunreinigungen auftreten. Das Öl bindet diese Schwebestoffe und führt sie gegebenenfalls in den Ölfilter. Nachdem das Öl nicht unbegrenzt in der Lage ist, Schwebestoffe zu binden, ist ein regelmäßiger Ölwechsel sinnvoll und wichtig. Ob man nun alle 25 Stunden wechselt (was wir bei unseren Mooneys machen) ist sicherlich streitbar, schadet aber auch nicht.
Abdichtung
Neben der Reinigungsfunktion dienst das Öl auch der Abdichtung. Durch die Viskosität wird beeinflusst, wie dicht Kolben- und Ölabstreifringe oder auch andere bewegliche Teile des Motors oder auch am hydraulischen Verstellpropeller abgedichtet werden. Ist die Abdichtung nicht ausreichend, so kann dies zu einem erhöhten Ölverbrauch oder auch einem Schwitzen des Motors führen. Gerade bei Flugzeugmotoren, die oftmals technisch auf alten Konstruktionen beruhen und kaum etwas mit modernen Automotoren und deren in der Regel geringeren Fertigungstoleranzen zu tun haben, ist die Dichtungsfunktion nicht zu unterschätzen. Ich selbst habe den Eindruck, dass bei frischem Öl der Ölverbraucht meines IO-360 A1A geringer ist, als bei Öl, welches deutlich älter ist. Eine Erklärung für dieses Phänomen konnte mir bisher aber noch niemand geben, denn ich wüsste nicht, warum bei benutztem Öl die Dichtungsfunktion geringer sein soll. Wenn sich hier jemand auskennt bzw. erklären kann, ob Öl durch Verschleiß „dünner“ wird, so würde ich mich über eine Rückmeldung freuen. Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass durch eine Kontamination mit Feuchtigkeit die Viskosität beeinflusst wird, freue mich insoweit aber über jede konstruktive Rückmeldung. Mike Bush schreibt dazu:
„Mineral oil gradually degrades the longer it remains in service. The little branches gradually shear off the molecules—known as polymer shearing—which causes viscosity to decrease. Because syn- thetic oil is less branchy, it suffers far less from polymer shearing and retains its viscosity longer „
Mike Bush
Korrosionsschutz
Bei privaten Flugzeugen ist dabei das Thema Korrosionsschutz nicht zu unterschätzen, denn private Flugzeuge werden teils nur wenig bewegt und es besteht daher ein gewisses Risiko, dass sich Feuchtigkeit im Motor sammelt (die ansonsten bei entsprechender Temperatur des Motors im Betrieb verdampft) und Korrosion, z.B. an der Nockenwelle verursacht. Dies dürfte einer der Hauptgründe sein, warum Flugzeugmotoren die TBO (Time between Overhaul – also die Laufzeit zwischen einer Überholung) nicht erreichen.
Antriebsfunktion
Die Antriebsfunktion des Öles kann an dieser Stelle aber erst einmal vernachlässigt werden.
Verschiedene Ölarten
Grundsätzlich ist zwischen Mehrbereichs– und Einbereichsöl und mineralischem, teil-synthetischen und vollsynthetischem Öl zu unterscheiden.
Öle können dabei mineralisch, teil-synthetisch oder vollsynthetisch hergestellt werden. Mineralisches Öl besteht – illustriert – aus den Überresten von kleinen Tieren und Pflanzen die vor 100 Millionen Jahren im Meer trieben. Bei rein mineralischem Öl schmieren also ehemalige Dinosaurier und Meereskleinstlebewesen den Motor. Demgegenüber basieren synthetische Öle nicht auf verwesten Dinosaurieren, sondern werden chemisch „konstruiert“. Der genaue Prozess dabei, die Fischer-Tropsch-Synthese ist was für Chemiker. Teils wird die Herstellung synthetischen Öls anhand von Legosteinen beschrieben. Bei mineralischem Öl muss man die Steine nehmen, wie sie kommen und liegen. Bei synthetischem Öl sucht man sie heraus und ordnet sie entsprechend an. Da aber streitbar ist, wie viel „Auswahl“ beim synthetischen Öl enthalten sein muss, sagt alleine die Bezeichnung „synthetisch“ nicht zwingend etwas über die Zusammensetzung aus.
Mehrbereichsöl
Ein Mehrbereichsöl basiert dabei auf einem dünnflüssigem Grundöl um im kalten Zustand eine bessere Schmierung zu erreichen. Zusätzlich werden Additive beigemischt, um eine gleichbleibende Viskosität in unterschiedlichen Temperaturbereichen zu erzielen.
Mehrbereichsöle für Flugzeugmotoren sind beispielsweise
- AeroShell 15W-50 – das Öl ist zu 50 synthetisch
- Exxon Elite 20W-50 – das Öl ist zu 25% synthetisch
- Phillips X/C 20W-50 – das Öl ist rein mineralisch
Einbereichsöl
Ein Einbereichsöl ist ein Öl, das ursprünglich für eine bestimmte Jahreszeit angepasst war, und letztendlich nur einen Temperaturbereich bietet.
Einbereichsöle für Flugzeugmotoren sind beispielsweise
- AeroShell 100/80 – das Öl ist aschefrei und wird vorrangig als Einlauföl genutzt. Es enthält praktisch keine Zusätze. Die Zahl 100/80 beschreibt die jeweilige Viskosität. 100 entspricht einem „W50“ und 80 einem „W40“-Öl.
- AeroShell W100/W80 – das Öl ist rein mineralisch, das „W“ steht in diesem Fall für Zusätze, welche die Haltbarkeit und das Schlammbildung verhindern soll Diese „W“ vor der Zahl ist nicht mit dem „W“ in Viskositätsangeben von Mehrbereichsölen (z.B. 20W-50) zu verwechseln.
- AeroShell W100Plus/W80Plus – das Öl ist rein mineralisch, das „W“ steht für die gleichen Zusätze wie im „W100“ und das zusätzliche „+/Plus“ steht für Zusätze, die vor Korrosion schützen sollen.
- Total D80/100 – der Buchstabe „D“ kennzeichnet, dass das Öl legiert, also mit Additiven versetzt ist.
Mineralisches Öl
Mineralisches Öl besteht abgesehen von eventuellen Additiven (es wird dann, wenn Zusätze eingebracht werden auch von legiertem Öl gesprochen) klassisches Erdöl. Das Öl wird auch kaum behandelt. Da die Herstellung damit einfach ist, sind die Öle relativ kostengünstig.
Vorteile von mineralischem Öl im Kolben-Flugzeugmotor
- Höhere Dichtwirkung
- Bindet Verunreinigungen sehr gut
- Verhältnismäßig Preiswert
- Unser Umständen besserer Korrosionsschutz
Nachteile von mineralischem Öl im Kolben-Flugzeugmotor
- Schlechtere Viskosität in kaltem Zustand
- Geringere Temperaturbeständigkeit bei Extrembedingungen
Synthetisches Öl
Synthetisches Öl hat bei modernen Automoren und auch Turbinen erhebliche Vorteile, da es individuell auf die Anwendung angepasst wird. Bei klassischen Kolben-Flugzeugmotoren ist dies aber oftmals nicht notwendig und die Vorteile erkauft man sich nicht nur mit einem höheren Preis, sondern Schwebestoff und Verunreinigungen werden von einem mineralischen Öl in der Regel besser gebunden und dichtet auch besser ab, was bei Flugzeug-Kolbenmotoren mit ihren teils doch ganz erheblichen Fertigungstoleranzen einen großen Unterschied machen kann. Die längere Haltbarkeit des synthetischen Öls ist bei Flugzeug-Kolbenmotoren zu vernachlässigen, denn durch den Blow-By-Effekt im Zylinder erfolgt ohnehin eine Verunreinigung, die einen Ölwechsel zumindest alle 50 Stunden für sinnvoll erachten lässt.
Vorteile von synthetischem Öl
- Breiterer Temperaturbereich
- Höhere Stabilität
- Individuelle chemische Zusammensetzung
Nachteile von synthetischem Öl
- Höherer Preis
- Geringere Dichtwirkung
- Bindet Verunreinigungen schlechter
Fazit
Welche Öl verwendet wird, hängt vom jeweiligen Anwendungsbereich ab. Wir verwenden für unsere Mooneys je nach Jahreszeit W100+ bzw. W80+ Einbereichsöl. Wird das Flugzeug regelmäßig in sehr kalten Temperaturen gestartet, kann es sinnvoll sein ein Mehrbereichsöl zu verwenden. Generell hört man immer wieder, dass es wenig sinnvoll ist den Motor ohne Not z.B. von Einbereichs- auf Mehrbereichsöl umzustellen. Im Zweifel sollte man daher – wenn es nicht zwingende Gründe gibt, das Öl zu wechseln (z.B. auf Grund klarer Ansage einer Werft oder konkrete Probleme) – das bisherige Öl auch zukünftig verwenden.
Ob man auch Camguard nutzen möchte, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wir verwenden es gerne, selbst wenn man unterstellen wollte, dass es nur ein „gutes Gefühl“ gibt. In Anbetracht der Gesamtkosten eines Flugzeuges sind ein paar Euro zusätzlich für Camguard und öftere Ölwechsel eine vergleichsweise günstige Form der Wartung.
Welches Öl in welchem Flieger?
Mooney M20K mit Continental TSIO 360 – Kai nutzt W100+ im Sommer und W80+ im Winter, jeweils mit Camguard und Wechsel mit Filter alle 25 Stunden
Mooney M20E mit Lycoming IO 360 A1A – Ingo nutzt W100+ im Sommer und W80+ im Winter, jeweils mit Camguard und Wechsel mit Filter alle 25 Stunden
Yak 52 mit MP-14 Sternmotor – Total D100 das ganze Jahr, aber wenig Betrieb im Winter
Avid Flyer mit Jabiru A2200 (hydraulische Stößel) – W100+ im Sommer und W80+ im Winter